Mut zum Schiefsinn
„Auf dem Weg sein – das ist mein Status“
Vielseitigkeit ist eine Vokabel, die oft strapaziert wird – bei Lisa Kühnemann wird sie zum Programm: klassische Gesangsausbildung, erfolgreiches Jazz- und Popstudium an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Vokal-Solistin, Ensemble-Sängerin, Komponistin, Gesangspädagogin, Chorleiterin … und immer wieder neue Impulse durch Reisen, Begegnungen, unterschiedliche Musikstile vom Zwanziger-Jahre-Schlager über Latin und Jazz bis zur Vokalimprovisation. Und schließlich: das ganz persönliche Singing-Songwriting in ihrer eigenen Band Schiefsinn.
„Meine Reise ging bei der Klassik los … aber ich war schon immer auf der Suche nach mehr Freiheit, nach dem Dunkleren – auch in der Stimme.“
Mit dem Jazz- und Popgesang kommt Lisa Kühnemann erstmals während eines Sozialen Jahres in Nicaragua in Berührung. Nach einem ersten Studiensemester in Bogota (Kolumbien) nimmt sie 2009 ihr Jazz- und Pop-Gesangsstudium an der Hochschule für Musik und Tanz Köln bei Anette von Eichel und Susanne Schneider auf. Der amerikanische Kontinent bleibt eine wichtige Inspirationsquelle: Während eines Sabbaticals 2013/14 in São Paolo, Rio de Janeiro und New York geben ihr die Begegnungen mit Itamar Collaçao, Caito Marcondes und Tessa Souter prägende Anregungen.
„Auch durch die Sprachen habe ich mich dort neu entdeckt. Meine Unsicherheiten habe ich auf Spanisch und Portugiesisch ganz ablegen können. Und New York mit seiner wahnsinnigen Geschwindigkeit hat mir gezeigt: Mach es einfach. Hab keine Zweifel.“
Seit dem erfolgreichen Studienabschluss 2014 profiliert sich Lisa Kühnemann mit ihrer eigenen Band und stellt als gefragte Ensemble-Sängerin ihren ganzen Facettenreichtum unter Beweis. Zu ihren musikalischen Weggefährten zählen das Jazz-Ensemble Eva Buchmanns Gumbo ebenso wie das Vokalquartett Femmes Fatales, in dem Lisa Kühnemann das Repertoire der „Roaring Twenties“ seit 2017 nicht nur sängerisch, sondern auch schauspielerisch bühnenwirksam auskosten darf. Ihr fundiertes handwerkliches und technisches Können kommt ihr auch im 2017 gegründeten 16-köpfigen Vokalorchester NRW zugute, einem improvisatorischen Stimmkollektiv auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Von 2014 bis 2020 singt Lisa Kühnemann im Vokalquartett Âmago, das sich der brasilianisch inspirierten Latin Music verschrieben hat.
„Ich habe immer Menschen um mich gesucht, mit denen ich gerne arbeite und mich an der Musik freuen kann. Das mehrstimmige Singen hat mich das ganze Leben begleitet, es gehört zu meinen Leben. Diesen Flow möchte ich anderen weitergeben.“
Als Chorleiterin und Gesangspädagogin vermittelt Lisa Kühnemann diese Freude an der Vielfalt des Singens den Amateur-Chören Choryphäen (Köln) und Sing Swing (Rheidt) ebenso wie ihren GesangsschülerInnen an der Offenen Jazzhausschule Köln (2015-2020) oder Studierenden der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main, an der sie seit 2020 einen Lehrauftrag innehat.
2020 ist auch das Jahr, in dem sie ihrer eigenen Band wieder volle Aufmerksamkeit schenkt: Als Charlotte’s Most Wanted mit Simon Seidl (p), Jakob Kühnemann (db), Philipp Brämswig (g) und Tim Dudek (dr) 2011 gegründet, steht nun der Relaunch mit neuem Namen Schiefsinn und aktueller CD an.
„Ich bin eigentlich eine große Zweiflerin meiner selbst. Aber nun möchte ich den nächsten Schritt tun: mehr von mir geben, mehr zeigen. Äußeres ausblenden, im Inneren suchen, sich auch den dunklen Aspekten stellen. Da bin ich am freiesten.“